Das ich hier in Händen halte,
Dies zermürbte Buch, dies alte,
Blei- und Tinten-argbeschmierte,
Eselsohrenreichgezierte,
Kaffee-, Thee- und Bier-befleckte,
Fliegen-, Fett- und Oel-bekleckte,
Dem als Spur der Wanderschaften
Tausend schlechte Düfte haften,
Dieses Buch, zerlumpt, entstellt:
Dieses liest die deutsche Welt!
Liest die Köchin bei den' Braten,
Auf der Wache die Soldaten,
Liest der Sträfling in der Zelle,
Der Commis bei seiner Elle,
Liest der Hagestolz im Bett,
Und das ganze Lazareth;
Dann, die schönste aller Damen
Mit dem glanzerfüllten Namen
Nimmt dies Buch so wohl durchdüftet
Und von jeder Luft durchlüftet
In die zarte weisse Hand!
Von des Dichters Kunst gebannt,
Bald der Schönen, zart besaitet,
Eine Thräne sanft entgleitet
Und erfüllt den grossen Zweck:
Nie ein Leser ohne Fleck!
O Gedanke, gross und mächtig!
O Erfolg, so wunderprächtig!
Wie gesegnet der Poet,
Der die edle Kunst versteht!
Hoch und niedrig, arm und reich:
Diese Schmiere macht es gleich!
Ach, wer noch im Dunkel lebt,
Nach dem hohen Lorbeer strebt;
Dieser fühlt mit heissem Sehnen
Einen Wunsch den Busen dehnen:
»Lieber Himmel«, fleht er täglich,
»Schenk auch mir das Glück unsäglich:
Laß auch meine Dichterein
Einst so herrlich fettig sein!«
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