Heinrich Seidel: Neues Glockenspiel

I. VERMISCHTE GEDICHTE.


DER TOD MOLTKES

Es war sein Tag zu jeder Zeit
Der Arbeit und der Pflicht geweiht.

Des Abends dann an trautem Ort:
Ein Spiel, Musik, ein heitres Wort.

So lebte er schon manches Jahr,
Der Deutschlands grösster Sieger war.

Ihn liebte Mann und Weib und Kind,
Der Tod selbst war ihm wohlgesinnt.

Liess ihn sein letztes Tagwerk thun
Und winkte dann: »Nun komm, zu ruhn!«

Ihm ward erspart der Krankheit Noth
Und aufrecht ging er in den Tod.

Der that ihm an nicht Qual noch Schmerz,
Traf ihn gleich mitten in das Herz.

Er, der sich ganz der Pflicht geweiht,
Verlor mit Sterben keine Zeit

Es ging der alte Siegesheld
Gar kurz und knapp aus dieser Welt.

Treu auf dem Posten bis zum Schluss,
Wie das ein echter Krieger muss.

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