Rudolf Baumbach

Die blaue Blume

  Es pflagen einst drei Knaben
Der Ruh im Waldesraum.
Die Wipfel rauschten droben,
Da hat sie sacht umwoben
Der Schlaf mit einem Traum.

  Im Traume sahn sie blühen
Die Blume himmelblau,
Von der die alten Geschichten
Der Wunder viel berichten;
Sie glänzte im Morgentau.

  Da fuhren aus dem Schlummer
Die Knaben allzumal.
Sie täten sich trennen und suchen
Im Schatten der Tannen und Buchen,
Auf Bergen und im Tal.

  Der Erste von den dreien
War wohl ein Sonntagskind.
Er fand in hohler Weide
Ein Kästlein mit Geschmeide;
Das trug er heim geschwind.

  Und ließ ein Schloß sich bauen,
Und alles Land umher
Erscholl von seinem Ruhme. –
Der blauen Wunderblume
Gedacht' er nimmermehr.

 Der zweite statt der Blüte
Ein nußbraun Mädel fand.
Umrauscht von grünen Zweigen,
Ward sie im Wald sein Eigen
Und gab ihm Herz und Hand.

  Er führte seine Traute
Zum frohen Hochzeitsreihn
Und zeugte Mädel und Buben
Und baute Kohl und Ruben,
Ließ Blume Blume sein.

  Der dritte, ach der dritte
Kam nimmermehr nach Haus.
Er sucht die Blume noch heute,
Und sehen ihn die Leute,
So lachen sie ihn aus.

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