August Schnezler

Vom Mummelsee im Schwarzwald

8. - Die Wasserherberge

Von Straßburg drei muntre Gesellen
Durchstreifen Gebirg und Tal:
Im Schwarzwald wollen sie sehen
Den wunderbarsten der Seeen,
Den Mummelsee doch einmal.

Doch nah' schon den Hornisgründen,
Verlieren sie spurlos den Weg
Die lustigen Kamerädchen;
Da hüpfen drei zierliche Mädchen
Herüber vom Tannensteg.

Sie grüßen mit schelmischem Kichern:
»Wo wollt ihr denn hin, ihr Geselln?« –
»Zum Mummelsee wollen wir reisen,
Könnt etwa den Weg ihr uns weisen,
Ihr allerliebsten Mamselln« –

»Ei freilich, mit vielem Vergnügen!
Da braucht ihr mit uns nur zu gehn;
Es führt ja der Zufall gerade
Auch uns zu des Seees Gestade,
Wo unsere Wohnungen stehn.« –

Die Burschen, sie nehmen mit Freuden
So hübsche Geleiterschaft an;
Nun gehts unter Plaudern und Kosen
Vereint mit den Mädchen, den losen,
Von Halde zu Halde hinan.

Die Jüngferchen scheinen nicht spröde;
Verlocket von ihrem Geneck,
Versuchens die Wandrer schon lange,
Zu rauben mit raschem Umfange
Ein Küßchen den Lippen so keck.

Doch entschlüpft den umschlingenden Armen
Sind die Dirnchen, behend wie der Aal:
»Wartet nur, das sollt ihr uns büßen!
Meint ihr denn, wir lassen uns küssen
So leicht wie die Mädchen im Tal ?« –

So neckend und schäckernd gelangen
Sie bald an des Mummelsee's Strand.
Wie still im Schlummer ruhten
Die schwarzen Wasserfluten
Im Mittagssonnenbrand!

»Ihr Herren, wir sind am Ziele,
Dies ist der Mummelsee!
Hier könnt ihr euch baß erfrischen
Mit Seewein und mit Fischen;
Ade, ihr Herren, Ade!«

»So sagt uns doch, eh' wir scheiden,
Allerliebste Fräulein, ihr:
Wie können wir euch denn lohnen?
Wo haust ihr denn ?« – »Wir wohnen
Ganz in der Nähe hier.

Ihr seyd wohl matt und müde
Und durstig obendrein?
Wißt ihr was : kommt mit nach Hause,
Da sollt ihr mit Trank und Schmause
Vollauf bewirtet seyn.«

Wie nehmen die Burschen mit Freuden
Die freundliche Ladung an!
Und sieh nur, statt feuchten Sandes,
Aus dehnt sich längs des Strandes,
Ein grüner Wiesenplan.

Voran die Jüngferchen tänzeln,
Die Bürschlein folgen nach ;
Doch sind sie kaum bis zur Mitten,
Da bricht unter ihren Schritten
Der Boden mit dumpfem Krach.

Plumps, liegt die ganze Gesellschaft
Im kühlen Wogenbett;
Die Bürschlein zappeln im Schilfe
Und schreien erbärmlich um Hilfe,
Ach, nirgends ein Rettungsbrett!

Hell auf aber lachend schwimmen
Die Jungfern wie Enten im See;
Die Bürschlein sinken und sinken,
Schon sind sie nah dem Ertrinken,
Da dauert die Mädchen ihr Weh.

Ein Wink, und ein mächtiger Flutschwall
Wälzt sachte die Drei auf's Gestad ;
Die Jüngferlein aber riefen
Sich tauchend in die Tiefen:
»Gesegn' euch Gott das Bad !

Wohl bekomm' euch die Erfrischung
In unserm Mummelpalast!
Und hat es euch drin gefallen,
So seyd ihr in seinen Hallen
Für immer willkommen zu Gast!«

Da schließen sich murmelnd die Wogen
Dicht über den Jüngferchen zu;
Ein Kichern nur tönet noch leise
In Busch und Geröhricht im Kreise,
Dann liegt Alles in tiefer Ruh.

Die nassen Gesellen, sie schleichen
Beschämt von dem Mummelsee,
Sich zu trocknen auf sonnigem Plätzchen,
Und sagen auf immer den Schätzchen
In der wäßrigen Herberg Ade!

Quelle:
August Schnezler „Gedichte“, 2. Auflage,
Creuzbauer und Kasper Verlag Karlsruhe, 1846


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