Ernst Weber

Eppelein von Geilingen

Sie haben ihn gefangen
mit Spießen und mit Stangen,
von Geilingen, den Eppelein.
Das war ein Jubeln und ein Schrei'n!
Die ganze Stadt war toll und voll,
und was an Gift und was an Groll
man schon seit Jahr und Tagen
geheim in sich getragen,
das machte sich gewaltsam Luft:
der Erzhalunk', der Schelm, der Schuft!
Kein Schmähruf wurde ihm geschenkt;
denn morgen wird er ja gehenkt.

Nun, da man ihn gefangen,
braucht keiner mehr zu bangen,
daß, wenn er auf den Strauchdieb schilt,
der Eppelein ihm das vergilt,
und eh' sich einer des versieht,
ihm etwas um die Ohren zieht,
der gottverlass'ne Räuber!
Die Männer wurden Weiber,
sprach einer nur den Namen aus.
Nun wagt man wieder sich heraus,
und selbst die Mädel wurden kühn:
Heidi, heida, wir haben ihn!

Indes in schweren Sorgen
der Ritter schaut den Morgen.
Noch eine Bitte schenkt ihr mir?
Wohlan, so bringt mein treues Tier!
Bringt mir mein Roß zum letzten Ritt!
Es geht so einen sanften Schritt.
Zum Galgen soll's mich tragen,
ihr dürft mir's nicht versagen.
Ihr fürchtet doch nicht gar Gefahr;
ich bin ja aller Waffen bar!
Da mußten sie zu Willen sein
von Geilingen, dem Eppelein.

Sie rückten an den Kappen
und zäumten ihm den Rappen.
Sie banden fest den starken Mann.
Hinaus zum Zwinger ging es dann.
Die Gaffer waren dicht gedrängt.
Die Alten schrien: »Hängt ihn, hängt
den argen Leuteschinder!«
Und selbst die kleinen Kinder,
sie höhnten: »Eppel-Eppelin!«
und drehten Nasen nach ihm hin,
wo der Gefangne finsterblaß
auf seinem schwarzen Renner saß.

Er saß in stiller Lauer
und wo die Außenmauer
steilrecht zum Graben fiel hinab,
er seinem Hengst die Sporen gab.
Ein Hurrahopp – Stoß rechts, Stoß links –
quer durch die Lanzenreihen ging's,
und hoch trotz voller Rüstung
zwang er die Mauerbrüstung.
Die Wellen klatschten über ihn,
die Städter rannten her und hin;
doch eh' sie kamen an den Rand,
er schon auf Nimmerseh'n verschwand.

Das Stücklein hat von allen
mir immer gut gefallen.
Gar herzlich hab ich stets gelacht,
wenn ich des Eppelein gedacht.
Und war er auch ein Schnapphahn bloß,
als kecker Reiter war er groß,
der ohne langes Zagen
den rechten Sprung tat wagen.
Zur rechten Zeit ein scharfer Sporn!
Es geht kein Reitersmann verlor'n,
wenn unter ihm ein Rößlein schnaubt
und er noch an sich selber glaubt.


siehe auch

  • Robert Eduard Prutz: Eppelin von Geilingen
  • Seitenanfang / top


    amazon  Gedichtinterpretationen - Gedichtanalysen
    audible-Hörbücher KOSTENLOS testen


    Impressum - Datenschutz